
20. April 2018 - 15:16
Der Bund betreibt in Tänikon/TG an der Forschungsanstalt Agroscope mit dem strategischen Forschungsschwerpunkt „Wettbewerbsfähigkeit und Systembewertung“ den einzigen Standort in der Ostschweiz. Laut Bundesgesetz über die Landwirtschaft vom 29. April 1998 Art. 114 sind die landwirtschaftlichen Forschungsanstalten auf verschiedene Landesgegenden verteilt. Die Ansiedlung einer Forschungsanstalt mit attraktiven Arbeitsplätzen in der Ostschweiz ist gerechtfertigt, weil die landwirtschaftliche Produktion mit ihren vor- und nachgelagerten Betrieben in der Ostschweiz wirtschaftlich eine bedeutende Rolle spielt. In den vergangenen Jahren erfolgten an den eidgenössischen Forschungsanstalten mehrere Reorganisationen zur Effizienzsteigerung und Neuausrichtung. Nun soll die gesamte Agroscope Forschung an einem Standort in Posieux/FR konzentriert und gleichzeitig das Budget um 20% reduziert werden. Der Vorschlag überrascht umso mehr, als der Bund erst vor wenigen Monaten dem Kanton Thurgau vertraglich zugesichert hat, Investitionen über 10 Millionen Franken in den Platz Tänikon zu tätigen und rund 100 Arbeitsplätze für die nächsten acht Jahre zu sichern.
Die Eidgenössische Finanzkontrolle ihrerseits hat im Februar 2018 Agroscope und dem Bundesamt für Bauten und Logistik empfohlen „…umgehend einen zeitlichen Projektstopp zu veranlassen. Dies im Interesse einer Optimierung und der wirtschaftlichen Verwendung von öffentlichen Geldern.“ Scheinbar ist das geplante Vorgehen auch den Bundesbehörden nicht ganz geheuer.
Mit der Schliessung der Forschungsanstalt droht der Ostschweiz die Abwanderung von qualifizierten Arbeitskräften und damit verbunden ein enormer Wissensverlust, der die gesamte Ernährungswirtschaft betrifft.
Von der Forschungsarbeit in Tänikon profitiert auch der Kanton St.Gallen. Der Bereich Betriebswirtschaft beispielsweise liefert Unterlagen für die Berechnung der Standarbeitsarbeitskräfte und Ertragswertschätzungen – zwei wichtige Grössen für die Berechtigung des Bezugs von Direktzahlungen. Forschungen in den für die gesamte Ostschweiz bedeutenden Fachgebiete wie Futterbau, Tierhaltung und Obstbau sollen weiterhin unter Einbezug der lokalen Verhältnisse in der Region möglich sein.
Unter dem Begriff „Swiss future farm“ betreibt der Kanton Thurgau ebenfalls in Tänikon zusammen mit interessierten Privatunternehmen ein Zentrum für „smart farming“. Das zukunftsweisende Projekt befasst sich mit den Chancen und Risiken der Digitalisierung sowie deren konkreter Anwendung. Die Forschungsanstalt Agroscope profitiert ebenfalls, indem sie die erfassten Daten für Forschungszwecke verwendet. Aus Sicht der St.Galler Landwirtschaft braucht es die enge Zusammenarbeit von Forschung, Industrie und Lehre, damit die Vorteile der digitalen Entwicklung von den Praxisbetrieben erkannt und übernommen werden können.
Wir bitten die Regierung um Beantwortung der folgenden Fragen:
Dürr-Gams / Heim-Gossau / Sennhauser-Wil
Kategorie: Artikel Kommentar schreiben